Muss sich der Fotograf unbedingt auf Google positionieren, um erfolgreich zu werden? Wie tickt das Marketing in der Großstadt vs. in einem kleinen Ort? Auf diese und andere Fragen haben uns Katrin Hegewald und Christin Schöne, die Gründerinnen der Facebook-Gruppe “Sichtbar als Fotograf” während des Livechats in der nPhoto-Gemeinschaft geantwortet und ihre Sichtbarkeit-Tipps geteilt.
Katrin kommt aus Dresden. In einer solchen Großstadt ist die Konkurrenz enorm. Wie kommt sie damit zurecht? Wie kann man sich von der Masse abheben? Noch vor wenigen Jahren sagte man: Positioniere dich nicht nur mit dem Begriff “Fotograf”. Du musst auch den Ortsnamen dazu geben.
Hast du dich mit dem Keyword “Fotograf Berlin” auf Seite 1 der Google-Suchergebnisse durchgeboxt? Bleibst du oben? Dann hast du eine beachtliche Leistung vollbracht. Hochkommen ist nämlich eines. An der Spitze zu bleiben ist umso anspruchsvoller und zeitaufwändiger. Die Empfehlung? Man sollte sich in Nischen positionieren. Sagen wir z. B. mal “Paarshootings Dresden”. Der allgemeine Begriff “Fotograf München” wird nämlich auch von denjenigen eingetragen, die nach Passbildern, Produkt- oder Business-Fotografen suchen. Sich da durchsetzen zu wollen ist deshalb gewissermaßen eine Verschwendung.
In der Großstadt könnte man sich aber erfolgreich positionieren, wenn man zum Beispiel mit dem Namen des Bezirks als Keyword herumspielt.
Wenn es dir tatsächlich wichtig ist, auf Google hoch zu ranken, sollte dein ultimatives Ziel die Seite 1 sein. Wenn das jedoch zu viel Zeit und Aufwand verlangt, schenk dir dieses Ziel, weil es so gut wie keine Neukunden bringt, wenn du erst auf Seite 2 oder 3 zu finden bist. Freilich geht es nicht nur darum, dass du es schaffst, hoch oben in Google zu sein, sondern dass du auch auf Dauer oben bleibst.
Christin hingegen wohnt in Meißen - einer Kleinstadt, etwa 30 km nordöstlich von Dresden. Eine völlig andere Welt. Bei ihr ist das Schaufenster tatsächlich eines ihrerwichtigsten Kundenmagneten. Die Autos stehen an der Ampel und die Menschen laufen vorbei. Deshalb ist das, was in ihrer Vitrine steht, eine Art riesige Visitenkarte. Um Aufmerksamkeit anzuziehen, ändert sie regelmäßig ihre Ausstellungsstücke.
Bei ihr macht es nicht so viel Sinn, sich übermäßig mit SEO zu beschäftigen. Alle Fotografen aus der Gegend werden bei Google sowieso hoch angezeigt.
In einer kleinen Ortschaft ist es daher auch einfacher, eine kleine Community um sich herum aufzubauen. Die Kunden kennen sich untereinander.
Viele Fotografen - viele Meinungen. Manche sagen: Flyer funktionieren nicht mehr. Wenn schon, dann ganze Broschüren oder nur Online-Werbung. Als sie am Anfang ihres Fotografie-Abenteuers stand, ist Katrin ihr ganzes Wohngebiet abgelaufen und steckte ihre Flyer in die Briefkästen. Klar. Heute wäre es nicht praktikabel. Genauso wenig wie der Eintrag ins Telefonbuch, indem Katrin und Christin vor wenigen Jahren noch eingetragen waren.
Sollte man dann Flyer ganz vergessen? Auf keinen Fall! Es ist ja nicht ohne Bedeutung, was darauf steht, auf welchem Papier sie gedruckt werden und mit welcher realen Situation sie im Zusammenhang stehen. Die Flugblätter jedoch auf der Straße zu verteilen, wäre tatsächlich weniger zielgerichtet und somit total uneffektiv. Stell dir aber mal was ganz anderes vor: Du lässt dir die Haare schneiden. Du unterhältst dich locker mit der Friseurin. Ach, toll. Du bist schwanger! Als ich schwanger war, habe ich meinen Babybauch fotografieren lassen und war total begeistert. Oh, spannend Wenn du Interesse hast, kann ich dir einen Flyer geben….
Fazit: Die Flyer funktionieren dann, wenn wir mit dem Empfänger bereits in Interaktion getreten sind.
Eine solche Friseurin könnte man auch als “Zielgruppenbesitzpartnerin” bezeichnen. Sie richtet ihre Dienstleistungen an ähnliche Personen, wie zum Beispiel eine Schwangerschaftsfotografin. Überleg dir mal, welche Personen dir auf diese Art und Weise weiterhelfen könnten. Die Frauenärztin? Der Hochzeitsredner? Die Frau in einer Hebammenpraxis?
Deine Zielgruppenbesitzpartner müssen jedoch von der Zusammenarbeit mit dir konkret profitieren können. Bei Christin ist es so, dass ihre “befreundete” Hebamme von ihr erzählt und sie selbst postet zum Beispiel auf ihrer Wall, wenn ihre Zielgruppenbesitzpartnerin plötzlich einen freien Termin hat.
“Jeder Kontaktpunkt trägt zu deiner Sicherheit bei”, betont Katrin im Livechat.
Die richtige Zielgruppe zu finden ist aber bei weitem nicht alles.
Christin hat es einmal geschafft, das ihre Werbung in ein Magazin Eingang gefunden hat.Sie bot darin Fotos von neugeborenen Babys an. Das Magazin erhielten alle Mütter, die vor- und nach der Geburt in dem Krankenhaus waren, in dem das Magazin auslag. Sollte doch top funktionieren, oder? Tatsächlich hat sich aber nur eine Mama gemeldet.
Warum ist es so ärmlich ausgefallen? Vielleicht sind werdende Mütter von derartigen Angeboten einfach überfordert. Oder, und das scheint noch wahrscheinlicher: die Mamas wurden zu spät angesprochen. Aus dem selben Grund richtet sich die Werbung von Hochzeitsfotografen an Paare bzw. an Frischverlobte und nicht an diejenigen, die kurz vor der Trauung stehen. Bunte Werbung in solch einem Magazin für Mamas würde womöglich viel mehr Resonanz finden, wenn es sich um Familienfotos oder Kinderfotografie handeln würde.
Na ja. Es würde dem Algorithmus sehr gut tun. Würde aber gleichzeitig total viel Zeit auffressen. Und möchte man auf allen Kanälen so aktiv sein, hätte man wahrscheinlich nicht mal Zeit, sich einen Kaffee zu machen. Welche Tipps gaben uns Katrin und Christin diesbezüglich ?
Gar nicht. Katrin und Christin nutzen bezahlte Werbung auf Facebook äußerst selten. Organisch und über Mundpropaganda kann man schon richtig viel erreichen. Zudem geht Katrin davon aus, dass Google Ads vorteilhafter sind. Wenn Kunden nämlich auf Google sind, sind sie bereits im Suchmodus und versuchen, etwas herauszufinden. Facebook hingegen ist im Prinzip kein Medium, das in erster Linie als Suchmaschine genutzt wird.
Nichtsdestotrotz darf Marketing kosten - genauso wie der Eintrag ins Örtliche. Wenn nicht Geld, dann deine Zeit und Engagement.
Jeder Fotograf muss das für sich selbst entscheiden. Es gibt Profis, die als Babyfotografen Gruppen wie z. B. “Mamas Berlin” beitreten, mit dem Admin Kontakt aufnehmen und ihre Dienstleistungen schildern.
Andere glauben aber - und das mit Recht - dass solch eine Werbung in den Gruppen als aufdringlich erachtet werdenkann. Sind dann derartige thematische Gruppen nichts für Profifotografen? Auf keinem Fall! Katrin stöbert gerne in ähnlichen Gruppen, um mehr [ber die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe zu erfahren. Sie schaut sich an, welche Fragen die Mamas stellen und integriert dann diese Frage vor dem nächsten Update auf ihrer Webseite.
Auch zum Thema Webseite und Texteschreiben haben Christin und Katrin ein paar Tipps mit auf den Weg gegeben:
Aufstieg bedarf Zeit In der Regel läuft es nicht so: Ich melde das Gewerbe an und kann plötzlich von Fotografie leben. Man braucht Geduld. Beachte, das ein Baby oder Familien-Fotoshooting immer noch ein Luxusprodukt ist, das man sich gönnt und nicht unbedingt sofort braucht
Katrin Hegewald ist hauptsächlich Baby-und Schwangerschaftsfotografin in Dresden. Da sie schon seit 19 Jahren tätig ist, hat sie die ganze digitale und Marketing-Wende überlebt. Ihre Webseite ist fast so alt wie Google.
Christin Schöne wohnt in Meißen. Gerade feiert sie ihr 10 jähriges Jubiläum als Familien- und Schwangerschaftsfotografin. Als frischgebackene Mama ist sie mit der Welt ihrer Kundinnen besonders gut vertraut.