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IPS: Ein Neustart für dein Business

Geschrieben von Maciej Małaj | 30.09.2020 15:39:06

Was ist IPS? Wie erreicht der Fotograf damit seine Wunschkunden? Diese Fragen haben uns Domi Markwordt und Lydia Becker in zwei ersten LiveChats von nPhoto ausführlich beantwortet. Da die LiveChats auf Facebook nicht mehr verfügbar sind, haben wir für euch eine informative Zusammenfassung erstellt.

Kaum ein anderer Fotograf in Deutschland weiß von IPS so viel wie Domi und Lydia. Mit den beiden haben wir eine Reihe von Livechats zum Thema IPS geplant. Die finden in der Regel jeden zweiten Mittwoch um 20 Uhr statt. Die beiden Fotografinnen organisieren Business-Kurse für Fotografen. Sie sin an der Initiative “Gemeinsam wachsen” beteiligt. Domi leitet das Projekt und Lydia macht mit.

Was ist IPS?

Oder vielmehr: Was gehört dazu? Denn bei In-Person-Sales (buchst. „persönlicher Verkauf) geht es um eine gewisse Grundhaltung zum Business, um das Mindset. Es ist nicht so, dass du das und das machst und kannst dann sagen, nun bin ich ein IPS-Weltmeister. Das wünschen wir dir natürlich, Und offenbar gehören einige konkreten Tricks dazu: Sich mit einer einfachen Bildpräsentation nicht abfinden. Wenn es geht - sich persönlich treffen. Die Gefühle von Kunden erkennen und etwas Kapital daraus schlagen. Und vor all dem - den Wert von deiner eigenen Arbeit erkennen, wie Lydia es ausdrückt: “„deine Werte und dein Warum in Worte fassen”.

IPS an sich ist nichts Revolutionäres Domi meinte, dass man mit IPS “back to the roots geht”. Früher musste man sich einfach beim Fotografen persönlich einfinden, um sich die entwickelten Fotos zu holen.

Wie haben sie auf IPS umgestiegen? Man kann sagen, dass Lydia und Domi zuvor schon so gut wie alles ausprobiert haben. Einige feste Preispakete, ansprechende Bildpräsentation, regelmäßige E-Mail Aktionen haben nur halbwegs funktioniert. Bekommt man von dem Fotografen eine Werbemail, wo keine persönliche Note steckt, vielleicht außer dem Kundennamen, dann denkt man sich: Reißt das überhaupt? Reißt jemanden viel Prozent Rabatts? Und wenn schon, wollen die Fotografen tatsächlich die Kunden, die sich vor allem mit den Rabatten überzeugen lassen?

Wie läuft die Bildpräsentation ab?

Lydia zeigt ihre Fotos auf die Art und Weise, die dem Kunden beeindruckt und emotional anspricht. Sie stellt die Fotos in Passepartouts auf den Holzleisten aus und so entsteht eine kleine Galerie, die sie mit einem Vorhang verdeckt, um die Kunden zu überraschen, wenn sie nach dem Shooting zur Bildpräsentation kommen. Domi macht es wiederum über eine Online-Slideshow, die digital, aber immer noch vor Ort angezeigt wird. Auch die entsprechend hinterlegte Musik sorgt für gute Stimmung.

Ursprünglich war die Reveal Wall eine Idee von Sue Brzce. So sieht es bei ihr aus. Quelle: suebryceeducation.com

Der Kunde kann seine Favoriten markieren. Es kann sich für ihn aber etwas stressvoll anfühlen, wenn er ständig den Blick des Fotografen auf sich spürt. Deshalb haben unsere Livechat-Gästinnen auf folgende Idee gekommen: Der Kunde bekommt einen iPad in die Hand um sich die Fotos anzuschauen die Auswahl zu treffen. Damit der Kunde keinen Druck bzw. Kontrolle spürt, verlässt der Fotograf den Räumen für ein paar Minuten. Trotzdem kann er aber immer noch die Entscheidungen des Kunden auf Schritt und Tritt über seinen Laptop verfolgen. Im Nachgang besprechen sie die Wahl. Der Fotograf kann dann als Berater da sein und seine Meinung äußern.

Bei Lydia landen etwa 25-30% bei der Slideshow, wobei nicht alle Fotos, die dort angezeigt werden gehören zu dem Pool an Fotos, das der Kunde dann zur Auswahl bekommt. Es kann nämlich sein, dass sich zwar bestimmte Aufnahmen als Highlights zum Druck nicht perfekt eignen, aber sie strahlen richtig viel Emotionales aus. Denke an die halb offenen Augen, Grimassen bei Kindern usw. Wohnt der Kunde etwas weit weg, versucht man manchmal, solche Präsentation schon am selben Tag durchzuführen. Dann ist der Kunde noch entsprechend bei Laune.

Bei Lydia wird die Bildpräsentation nicht über Lightroom, sondern über Photo Mechanic erstellt, bzw. Picdrop damit sich die Bilder entsprechend schnell laden. Dort können die Kunden die beliebtesten Fotos markieren.

Wie erfährt man, was die Kunden brauchen?

Um den Erwartungen der Paare und Familien gerecht zu werden, lassen Lydia und Domi die Kunden einen Fragebogen ausfüllen. Man weiß, was sie brauchen und welche Fotoprodukte sie in Betracht ziehen. Solche Umfrage vor dem Shooting gilt als ein guter Ausgangspunkt zum Gespräch. Das erste Kundengespräch erfolgt telefonisch. Erst dann, vor Ort wird der Kunde mit den Productkollektionen vertraut gemacht.

Kundengespräche: Live oder online?

Offenbar gehören bei In-Person-Sales die in-Person-Treffen dazu. Zwar sind die Kunden immer “eingeladen” und nicht “aufgefordert”, zu kommen, aber sie sind immer bereit persönlich zu erscheinen, weil sie inzwischen gelernt haben, nicht nur den Wert der Bilder sondern den Mehrwert des ganzen Prozesses zu schätzen, Bei Domi gilt: Nur bei sehr treuen Kunden, die über viele Jahre dabei sind und zugleich sehr weit entfernt wohnen, macht man manchmal Ausnahmen. Aber auch dann erfolgt ein Online-Chat per Video.

Du fragst dich vielleicht, ob es nicht eine Zeitverschwendung ist: Vorgespräch, Shooting, Bildpräsentation, Abholung von Produkten. Wie schafft man all das wenn man sonst so viel zu tun hat. Bringt das tatsächlich etwas?

Bei IPS geht es nicht darum, so viele Kunden wie möglich zu haben, sondern die Beziehungen mit den Kunden aufzubauen, die die Arbeit des Fotografen richtig schätzen. Der Smalltalk, das Kennenlernen, das Wie-geht-es und das Sich-nicht-Beeilen gehören dazu. Ja, man könnte weniger Treffen halten. Aber wenn man die Kunden in dem hochpreisigen Segment anspricht, weiß man, dass sie diese Meetings schätzen und brauchen. Und zudem ist es eine riesige Belohnung und Bestätigung für den Fotografen, wenn er die Reaktion seines erfreuten Kunden direkt zu sehen bekommt. Man arbeitet doch als Fotograf, um die anderen glücklich zu machen, oder? “Emotionen sind meine Bezahlung”, fügt Domi hinzu.

nPhoto Leinwand von Evita Elksne

Was passiert wenn der Kunde seine Onlinegalerie von Zuhause betrachtet? Es kommt immer wieder vor, dass seine ursprüngliche Begeisterung lässt nach. Er lässt sich von anderen täglichen Aufgaben ablenken, und wenn er sich nach einigen Tagen wieder setzt, um die Entscheidung zu treffen, ist er manchmal plötzlich nicht mehr so fasziniert. Dann neigt er vielleicht nicht so sehr dazu, viele Fotoprodukte zu kaufen. Und auch für den Fotografen kann es mitunter stressvoll sein, tagelang darauf zu warten, wann sich der Kunde entscheidet und wie viel er nimmt. Mit IPS kann man sich all das ersparen.

Wie zeige ich meine Fotoprodukte?

Es empfiehlt sich, dem Kunden die Produkte zunächst ganz unauffällig zu zeigen. Sobald keine Kinder kommen, die mit den Fotobüchern “spielen” könnten, kann man die Wandbilder und Fotoalben in dem Raum hängen und liegen lassen, wo das Shooting stattfindet. Der Fotograf macht dem Kunden darauf nicht aufmerksam, aber diese edlen Kunstwerke wirken schon auf die Gäste. Als sie zunächst während des Shootings ein schweres Album, denken sie wahrscheinlich in erster Linie “Was für schöne Bilder”. Der zweite Gedanke: “Was für eine schöne Ausführung” kommt erst unterschwellig danach.

Erst wenn es zur Bildpräsentation kommt, werden die Printprodukte direkt gezeigt. Wichtig ist, dass der Kunde die Fotoprodukte nicht nur zu sehen, aber auch anzufassen bekommt z. B., um die Haptik des Papiers zu erleben. Die Kunden lassen sich auch mit dem Stoffmusterbuch mit allen bei nPhoto verfügbaren Bezugsstoffen begeistern, was ihre Kaufbereitschaft erhöht. Das Musterbuch kann man sehr günstig mitbestellen.

Die Kunden können sich entweder für Kollektionen, bzw. Pakete oder für einzelne Fotos entscheiden, aber die Preise sollten so strukturiert sein, dass es sich ab einer bestimmten Anzahl nicht lohnt, die Bilder a la carte zu nehmen.

Dein “Wie”, “Was” und “Warum” ist wichtiger als “Wie viel”.. Die Fotografinnen betonten, dass man “nicht braucht, haufenweise viele Produkte anzubieten”.

So kreativ kann man die Produkte dem Kunden überreichen. Das gehöort auch zum IPS

“Wenn ich die Preise erhöhe, dann gehen die Kunden weg!”

Seit dem Anfang ihrer Karriere haben Lydia und Domi ihre Preise um mehr als das Zehnfache erhöht. Die Erhöhung erfolgt immer zum Jahreswende. Und trotzdem haben sie immer noch die treuen Kunden, die über alle diese Jahre hinweg mit ihnen geblieben sind. Heißt es, dass sich kein Kunde durch solche Erhöhungen abschrecken lässt? Doch. Es wäre etwas utopisch an so etwas zu glauben. Man verliert die Kunden, aber damit bricht die Welt nicht zusammen, weil die Neuen kommen. Und diese neuen Kunden wissen, den tatsächlichen Wert ihrer Arbeit zu schätzen. Die kämpfen nicht um attraktive Preisnachlässe und unterhalten sich miteinander nicht so oft darüber wie viel Geld sie für den Fotografen ausgegeben haben.

Es geht also nicht darum ob deine Bilder tatsächlich so viel wert sind. Du verkaufst viel mehr als Fotos. Es geht um deine Expertise und Kundenservice. Es geht darum, die Kunden zu finden, die all das wertschätzen und nicht die Schnäppchenjäger.

Was ist deine Zielgruppe & Wunschkunde

Zielgruppe ist ein allgemeiner Begriff. Junge Mutter. Brautpaare. Models. Bei den Wunschkunden geht es um einen “Avatar” deines Kunden. Wie alt ist er? Was sind seine Wünsche und Bedürfnisse? Was kauft er am liebsten? Wie verbringt er Zeit? In welchen sozialen Netzwerken ist es besonders aktiv? und vieles mehr. Weiß du schon wie er oder sie heißt? Der imaginäre Wunschkunde ist wie ein großes Haus. Es braucht Zeit, das ganze Gefüge auf die Beine zu stellen. Das ist also ein Prozess. Domi und Lydia schlagen vor, dass man zunächst ein wenig Brainstorming macht und eine Mindmap von dem Wunschkunden erstellt.

Eine Wunschkunde-Mindmap von Domi

Hin und wieder schreibt man dann etwas dazu. Und ab und zu befindet sich das Haus im Umbau - ein Konzept des Wunschkunden wird umstrukturiert. Und es ist gut so.

Im Umbau...

“Alles was du dann produzierst sollte sich darauf beziehen, was deinen Wunschkunden ansprechen würde”, betont Domi. Freilich lässt sich mit dem Avatar des Kunden im Kopf auch die Werbung auf Facebook besser targetieren.

Wenn du glaubst, dass deine Arbeit nicht viel wert ist, wirst du diese Überzeugung unbewusst nach außen bringen. Dann werden viele Kunden genauso denken und offenbar werden sie nicht bereit sein, dir große Aufträge zu vergeben. Denn nicht nur wir, Fotografen betreiben diese “Auslese”. Auch die Kunden sortieren aus. Wenn wir unserer Wertigkeit bewusst sind, muss es nicht unbedingt heißen, dass wir reiche Kunden anziehen. Wir sprechen diejenigen an, die den Wert von unserer ganzen Dienstleistung erkennen.

Wie komme ich an neue Kunden?

Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Bei unseren Fotografinnen ist Mundpropaganda nicht zu unterschätzen.

Ähnlichkeiten ziehen sich an. Die Menschen umgeben sich mit Gleichgesinnten. Nehmen wir als Beispiel junge Mütter. Die tauschen sich sehr gerne über Instagram aus. Deshalb wäre es vielleicht keine beste Idee, zu versuchen, sie in erster Linie über Werbeanzeigen auf Facebook zu erreichen. Die Reichen verkehren mit den Reichen und umgekehrt. Hier sind die Weiterempfehlungskarten besonders gut geeignet. Jedem erfolgreich empfehlenden Kunden und jedem Kunden, der durch solche Empfehlung zu dir kommt, kannst du einen kleinen, einmaligen Rabatt anbieten.

Welche Orte werden von deinen Wunschkunden besonders gerne besucht? Versuche mit solchen Orten bzw. Geschäften in Kontakt zu treten. Bleiben wir mal bei Muttis. Sie sind oft bei der Frauenarztpraxis anzutreffen. Setzt dich dann mit solchen Stellen in Verbindung und schlage die Zusammenarbeit vor. Zusammenarbeit heißt in diesem Sinne aber nicht: “Hallo, dürfte ich meine Leinwände bei Ihnen in der Praxis hängen?”. Was hat der Arzt denn davon außer vielleicht bunten Wänden?. Frag dich, was du dem anderen anbieten kannst, bevor du was von ihm etwas bekommst. Du möchtest was gewinnen? Dann lass an erster Stelle das ausklingen, was dein Gegenüber davon haben kann: “Ich könnte Ihre Praxis fotografisch abbilden, damit Sie Ihre Webseite noch besser aussehen lassen können und dafür…”.

Denke kreativ. Jeder Ort ist gut, um neue Kunden zu gewinnen. Einige Fotografen haben ein paar Kunden nur deshalb gewonnen, weil sie ein T-Shirt mit ihrem Logo getragen haben oder weil sie jemanden beim Einkaufen ganz unaufdringlich angesprochen haben.

“Bei IPS geht es nicht um Gespräche und zwangsläufige Preiserhöhungen. IPS ist ein Riesenberg an Arbeit und To-Dos, das sich aber im Endeffekt richtig lohnt”, folgert Lydia.

Verpasse weitere LiveChats nicht. Dei sind in unserer Facebook Gruppe zu sehen und dann ein paar Tage lang abrufbar.